Rückreise mit Hindernissen

Es ist fast so, als hätten wir in Shiraz noch schnell das Paket “Authentische Abenteuer im Iran” für unsere Rückfahrt gebucht.
Haben wir aber nicht. Dazu später mehr. Wir verlassen Shiraz Richtung Norden und suchen außerhalb der Stadt nach einer Tankstelle. Da es in den Städten nur Benzin gibt und kein Diesel, müssen wir erst ein Stück rausfahren. Nach kurzem Warten finden wir auch einen Lkw-Fahrer, der uns seine Dieselcard nutzen lässt. Das Geld geht wie immer an den Tankwart.
Gegen Mittag machen wir einen Abstecher zu den Margoun Falls. Da heute schon wieder ein Feiertag ist, sind entsprechend viele Leute hier und die Zufahrtsstrasse ist schon gut zugeparkt. Das letzte Stück geht es zu Fuß in die Schlucht. Es ist recht heiß, aber hinten am Wasserfall wird es durch den feuchten Wind herrlich erfrischend. Ein paar Fotos und zurück zum Bus.
In Yasui kommen wir wieder zurück auf die Strasse 55, der wir dann weiter nach Norden folgen. Da es schon langsam dämmert, biegen wir kurz vor Bagh-e-Bezad von der Strasse ab und fahren ein Stück in die Berge rein. Nach kurzer Zeit zweigt eine Schotterpiste ab, neben der ein paar ebene Flächen sind. Hier ist es sehr ruhig und wir stehen optimal für die Nacht. Denken wir. Zwei Jungs kommen noch auf einem Motorrad vorbei und fragen, nachdem sie einige Zeit nur zu uns geschaut aben, nach einem Selfie. Hab ich aber grad keine Lust drauf. Wir gehen früh schlafen im Dachzelt.
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Okay, so verbringen wir noch eine Nacht im Sarv Hostel in Isfahan und schlendern noch einmal über den Imam Square. Es ist heute sehr frisch am Abend und auch relativ leer. Am nächsten Tag fahren wir mittags noch kurz bei brothers overlanding vorbei. Ich kenne Vrej schon länger über facebook. Er betreibt eine Werkstatt und ist bei overlandern sehr bekannt. Wir sitzen auf einen Tee in seiner Werkstatt zusammen, in der eigentlich hauptsächlich Dieselfilter für Lkw produziert werden.
Von hier fahren wir heute noch bis Saveh, wo wir in der Nähe vom Forest Park übernachten. Der Park selber war uns zu voll und laut, wie meistens.
Nächster Stop ist Tabris. Wir sind relativ spät da und stellen uns in den El Goli Park auf einen der beiden Parkplätze. Hier ist auch viel los, besonders nebenan am See. Besser wäre wohl der Campingplatz direkt an der Einfahrt gewesen. Wir bleiben noch einen ganzen Tag in Tabriz, parken aber vorher um zum Free Camping weiter Richtung City.
Wir besuchen nochmal den Basar, erledigen ein paar Einkäufe, gehen essen, Waschen unsere Wäsche und kochen abends im Bus. Auf dem Camping sind momentan nur Deutsche. Wir lernen zwei Radfahrer kennen und Fritz (@puch_adventures), der noch nach Zentralasien will.
Von Tabriz haben wir eine kurze Etappe bis Marand, wo wir Yousef und seine Familie doch noch besuchen. Wir hatten ihn schon vor vier Wochen in Tabriz kennengelernt. Marand ist eine eher unspektakuläre Kleinstadt, aber der Besuch wird sehr nett. Wir schlafen im Gästezimmer und den ganzen Tag wird lecker aufgetischt. Zwischendurch kommt Reddie in die Werkstatt, wril er Kühlwasser verliert. Zum Glück nur ein defekter O-Ring am Temp-Geber, aber der kann nirgends aufgetrieben werden. Die Bastellösung hält aber auch bis jetzt sehr gut. Wir besteigen eine alte Festungsruine in der Nähe und machen einen Ausflug nach Jolfa an der Grenze zur azerbaidschanischen Enklave.
Nach zwei Tagen fällt der Abschied schwer, aber wir wollen weiter Richtung türkische Grenze. Wir bleiben noch einen Tag und eine Nacht in Khoy, wo es uns recht gut gefällt. Im Mellat Park stehen wir ganz gut am Ende einer Strasse. Es ist auch nicht so viel los, abet das ändert sich ab vier Uhr morgens. Zu unserem Adventure Package gehört nämlich noch ein richtiges iranisches Erdbeben. Als ich davon aufwache, hört es sich an, als stünde Reddie in einem Windkanal mit gleichmässiger Strömung. Hab ich so noch nie erlebt. Hab spontan an den Sturm nach einer Atombombe gedacht. Der Park füllt sich innerhalb der nächsten Stunde schnell mit Zelten, aber niemand ist irgendwie in Panik. Internet haben wir nicht mehr, da schon mehr als 30 Tage rum sind und dann meine IMEI gesperrt ist. Später erfahren wir, daß wir 7 km vom Epizentrum entfernt waren. Beim Beben der Stärke 5,6 gab es mehr als tausend, meist leicht Verletzte.
Das letzte Iran Kapitel ist die Ausreise selber. Wir wissen leider nicht, daß heute schon wieder ein Feiertag ist, als wir von Khoy zur Grenze aufbrechen.
Dadurch ergibt sich ein langes Wochenende von Mittwoch bis Freitag und viele sind unterwegs Richtung Türkei. Als wir gegen 11 an der Grenze ankommen, sieht eigentlich alles recht normal aus. Viele Pkw und Kleinbusse stehen in 2 Warteschlangen. Daneben gibt es eine enge Gasse für den Gegenverkehr und ganz links parken Autos. Dumm ist nur, daß die enge Gasse auch in unsere Richtung von einigen Vordränglern und einigen Parkplatzbenutzern genutzt wird. Zusammen mit dem Gegenverkehr gibt das ein Mega- Chaos und nichts geht mehr. Die Vordrängler verursachen einmal fast eine Schlägerei. Vorbei mit der iranischen Freundlichkeit! Während wir hier stehen kommt uns der grüne Benz von amhema.com entgegen. Hendriks Frau sitzt am Steuer und wir unterhalten uns kurz. Viel Glück für eure Zeit im Iran!
Gegen 15 Uhr erreichen wir das Tor, durch welches immer wieder mal ein paar Fahrzeuge reinfahren dürfen. Problem 1: Vik muss ab hier durch das Passenger Terminal und taucht erst wieder in der Türkei auf. Problem 2: Ich hätte spätestens jetzt die Fuel Tax zahlen müssen, da ich ohne den Beleg keinen Stempel im Carnet bekomme. Die Bretterbude dafür ist aber VOR dem Tor. Trotz vieler Versuche zuvor ist mir das nicht gelungen. Barzahlung geht nicht. Ausländische Kreditkarte sowieso nicht. Ausserdem war mir der geforderte Betrag von über 90 Euro zu hoch. Jetzt muss der Bus aber erstmal durchs Tor, sonst lyncht mich der Mob hinter mir. Nach vielem hin- und hergerenne zahle ich schliesslich 75 Dollar mit der iranischen Bankkarte eines Fixers. Danach geht alles relativ schnell. Ich bekomme den exit stamp ins Carnet, ohne daß sich jemand den Bus anschaut. Zwischendurch zeige ich noch jemand auf dem Hof meinen Pass. Das Tor steht gerade offen und ich fahre hinter jemand her raus. Nix wie weg hier und rüber zur türkischen Grenze. Hier ist noch eine längere Schlange, aber alles läuft ganz zivil. Gegen fünf bin ich durch und sammle Vik auf und wir fahren in die Abenddämmerung Richtung Van.
… ein richtiger Krimi! Ein Glück, dass Euch nichts passiert ist. LG aus dem kalten Düsseldorf!
Da bin ich aber froh das Ihr heil wieder rausgekommen seit.
Aber, hoffentlich nutzen die Proteste dort, auch wenn sie Lebensgefährlich sind.
Nicht das alles umsonst war. Ich denke da gerade an den “arabischen Frühling”
Gruß
Dieter
Hallo Dieter,
ja, wir sind auch froh… Das wäre den Menschen dort wirklich zu wünschen, aber es ist nicht einfach. Iran ist ein Land mit krassen Gegensätzen, darum war die Zeit dort trotzdem toll.
Hallo Victoria und Bernhard,
Ich habe gerade mal euer gesamtes Tagebuch nachgelesen. Dafür ganz lieben Dank. Es ist so spannend zu lesen. Es ist ja der Wahnsinn was ihr alles erlebt und erlebt habt. Ich könnte jetzt natürlich jede Geschichte kommentieren, aber das würde zu weit führen….:). Sehr beeindruckend fand ich als “Künstlerin” die Fotos von Persopoli und Istfahan.
Manche eurer Erlebnisse kommen mir tatsächlich auch bekannt vor durch meine Erfahrungen auf Zypern und in Griechenland.
Die Ziegenkopfsuppe, habt ihr die probiert?! In Zypern gab es gegrillten Schaf -bzw. Ziegenkopf, bei dem auch alles gegessen wurde und die Augen als besondere Delikatesse galten. Ich fand das immer ziemlich gruselig. Die Landschaft in Antalya erinnert mich an meine Gegend in Griechenland. Ich war jetzt im November mit einer Freundin nochmal dort und wir haben auch ein paar interessante Ausflüge unternommen, u.a. in eine byzantinische Felsenstadt bei Sparta. Dorthin sind wir auch durch eine beeindruckende Berglandschaft gefahren. Dann gab es auch noch einen Wehrmutstropfen: mein griechischer Nachbar ist mit seinem Pick-Up auf meinen parkenden Mietwagen mit großer Geschwindigkeit draufgefahren. Das Auto ist Totalschaden,- leider konnte ich die Sache nicht so einfach regeln wie du mit dem “Blechschaden”, vor allem weil die Mietwagenfirma eine hohe Kaution von mir verlangte und ich jetzt noch nicht weiß, ob und wann ich diese wieder zurück bekomme.
Na ja, das sind dann immer die “Zusatzabenteuer”, die man nicht unbedingt braucht, aber sie gehören vielleicht auch dazu:).
Ich wünsche euch weiterhin noch eine gute Reise und Heimreise,- langsam, langsam nähert ihr euch ja heimatlichen Gefilden, oder? Alles Liebe und Gute weiterhin, viele Grüße von Karin
Hallo Karin, lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Wir freuen uns immer über virtuell Mitreisende, es gibt soviel zu teilen. Ja, wir nähern uns fast zu schnell wieder, heute haben wir eine Wanderung im Schnee gemacht. Wir sind derzeit im Pirin Nationalpark in Bulgarien. Bis Weihnachten sind wir wieder zuhause.
LG, Bernhard & Vik